DER GENUSS-BLOG
Folgen Sie dem Insider-Wissen von Tina Hauser,
der ersten Gewürz-Sommelière in der Schweiz!
anders kombiniert:
Safran
Im Monat Dezember hole ich das Kostbarste aus der Gewürz-Schatztruhe hervor. Filigran und ineinander vernestelt, intensiv orangefarbig leuchtend, knistern die Narbenschenkel des Safrans unter meinen Fingerspitzen, als ich diese aus dem Verpackungsgläschen zupfe. Zum Teil sind die drei Narbenschenkel der Krokusblüte am Stück erhalten geblieben, was ein gutes Zeichen für die Qualität des Safrans ist. So kann ich auf den ersten Blick beurteilen, dass es sich um sortenreine Ware handelt, was im gemahlenen Zustand nur mithilfe chemischer Tests möglich ist. Der Duft, welcher bereits beim Öffnen der gläsernen Verpackung, wie der Geist aus der Flasche entsteigt, rührt vom typischen Duftstoff Safranal und ist die Hauptkomponente, welche bis zu ein Prozent des Safrans ausmachen kann. Kleinste Mengen dieses Schwertliliengewächses, in Flüssigkeit getaucht, färben meine Fingerspitzen nachhaltig gelb ein. Die wasserlösliche, gelbe Farbe stammt vom sekundären Pflanzenstoff Crocin, das den Carotinoiden zugehörig ist.
Ich experimentiere mit einer Kombination, welche Fingerspitzengefühl benötigt. Die kräftige florale Note des Safrans kombiniere ich mit der ebenfalls blumigen, etwas herben Note des Darjeeling-Schwarztees. Trotz dieser Ähnlichkeiten sind die zwei Würznoten so verschieden.
Darjeeling Schwarztee
Der kostbare Schwarztee wird in Teegärten im indischen Distrikt Darjeeling, an den Südhängen des Himalaya angebaut. Die jungen Triebe des echten Darjeeling-Tees sind von Hand gepflückt, jeweils zwei Blätter und eine Knospe. Aus diesem Grund lohnt es sich, die fermentierten Teeblätter lose im Fachhandel und nicht einen lieblosen, zum Teil pulvrigen Verschnitt in Beuteln zu kaufen. Sie werden erstaunt sein, wie gross die sensorischen Unterschiede zwischen Verschnittware und einem sorgfältig gepflückten und verarbeiteten Teeblatt sind. Den Schwarztee können Sie als aromatisierende Zutat verwenden, beispielsweise zu eingemachten Zwetschgen oder als beizende Zutat zu Gemüse und Fleisch.
Tina Hausers Geschmackswahrnehmungen:
Safran
Darjeeling Schwarztee
Die fünf wissenschaftlich gesicherten Geschmacksrichtungen sind süss, salzig, bitter, sauer, umami. Als weitere Geschmacksrichtungen können fettig und wässrig gelten. Diese sind jedoch noch nicht wissenschaftlich gesichert. Die Geschmacksrichtungen werden von den Papillen auf der Zunge wahrgenommen.
Die Empfindungen Schärfe, Hitze, Kälte, aktivieren den Trigeminus-Nerv und gelten nicht als Geschmacksrichtungen, sondern sind vielmehr Auslöser eines Schmerzreizes. Diese Reize sind wichtige Komponenten beim Gestalten von Speisen. Adstringenz reizt ebenfalls den Trigeminus-Nerv und bewirkt ein ziehendes Gefühl auf der Zunge.
Tina Hausers orthonasal und retronasale Wahrnehmung:
Safran
Darjeeling Schwarztee
Jeder Duft, der Ihnen in die Nase steigt, ist eine orthonasale Wahrnehmung, die von den Riechzellen «entschlüsselt» wird. Ebenfalls werden die Riechzellen durch die frei gesetzten Aromen aktiviert. Durch das Zerkauen der Speisen werden Duftstoffe frei gesetzt, die retronasal über den Rachenraum zu den Riechzellen aufsteigen.
Für diesen Monat habe ich mir wieder etwas ganz Spezielles ausgedacht und bin überzeugt, dass es sich erneut um eine Marktneuheit handelt:
Schnittfester Safran-Eistee
Zuerst lasse ich 20 g der fermentierten, schwarz-braunen Blätter des Darjeeling-Tees in 300 ml heissem Wasser von 95°C floaten, so dass sich die knittrigen Blätter ganz und gar entfalten können. Die Teeblätter lasse ich für 30 Sekunden im Wasser ziehen. Das Gefäss decke ich dabei ab, damit die ätherischen Öle nicht so stark entweichen können und zähle die Sekunden. Auf diese Art erhalte ich einen Aufguss mit einem Bouquet von floralen Noten, der wenig Bitterstoffe enthält. Wenn der Tee länger extrahiert wird, bindet sich das Teein an die Gerbstoffe und die belebende Wirkung nimmt ab. So aber erhalte ich, neben der floralen Note, auch den höchsten Wert des Teeins.
Danach streue ich 40 g Agar-Agar in 340 ml kaltes Wasser ein, gebe 300 ml Birnendicksaft hinzu, koche die Flüssigkeit auf und lasse diese für 2 Minuten köcheln. Dann gieße ich den Tee hinzu und lasse ihn einmal kurz aufkochen, aber nicht länger, damit die floralen Noten des Tees nicht zerstört werden.
Zum Schluss gebe ich 0,3 g Safranfäden hinzu, giesse das Ganze in einen kalt ausgespülten, rechteckigen Behälter und lasse den Safran-Eistee im Kühlschrank auskühlen. Nachdem die Masse schnittfest geworden ist, stürze ich den Behälter und schneide den Safran-Eistee in Scheiben. Diese serviere ich zu süssen Desserts, aber auch gern zu herzhaftem Käse.
Sie und ihre Gäste werden Augen machen, wie die netten, kleinen Scheiben in kürzester Zeit einen wahren Adrenalin-Kick in Ihnen auslösen und sie alle wieder hellwach sind.
Viel Spaß beim Ausprobieren!
Ihre Tina Hauser
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