Der spicy Krimi von Sandra Jauslin mit Insiderwissen der Gewürz-Sommelière Tina Hauser.
(Kapitel 12 von 13)
Amit schlängelt sich verwirrt durch die Gruppe und kämpft sich zu Tina vor.
«Entschuldige, mir Glas runtergefallen.» In der linken Hand hält Amit ein ganzes Gläschen mit der Essenz von Pfefferminze. Genau wie vereinbart.
«Amit, was wir machen hier?» meint ein älterer Herr mit aufdringlichem Ton, versteinerter Miene und verschränkten Armen vor dem Brustkorb. Tina ahnt schnell, dass dies derjenige Mann ist, von welchem Amit erzählt hatte. Sie blickt weiter in die Runde und mustert die teils hilflos wirkenden Menschen. Gemäss Beschreibung von Amit stammen die meisten von ihnen aus Syrien. Da fällt ihr plötzlich ein junges Paar auf. Die Frau, mit grossen rehbraunen Augen und einem hilflosen, jedoch liebenswürdigen Blick, schaut zu Boden. Sie kann sich kaum auf den Beinen halten und macht einen verängstigten, geschwächten Eindruck.
«Schwester Adelheid», erwidert Amit. Schlagartig sinkt der Geräuschpegel auf eine furchterregende Totenstille. Niemand traut sich etwas zu sagen. Tina sieht, wie Amit noch unsicherer wird und ihm in dieser Situation alles andere als wohl zumute ist.
«Ich bin Tina Hauser und habe Schwester Adelheid vor meinem Haus tot im Wasser liegend vorgefunden.» Platzt es spontan aus Tina heraus. Wie bei einem Tennisspiel wandern die Köpfe von Amit zu Tina. Die volle Aufmerksamkeit ist nun auf sie gerichtet. Mit zittriger Hand nimmt sie ihr Notizblock aus der Hosentasche. Sie versucht gefasst zu wirken.
Dabei schweifen ihre Gedanken weiter und wie so oft lässt sie sich von der Kulinarik ablenken. Syrien verbindet sie mit einem feinen Taboulé. Dazu darf selbstverständlich die Minze nicht fehlen. Ein Tee aus frischer Minze zubereitet, würde die hitzigen Gemüter hier im Raume runterkühlen.
Minze wird als Heilpflanze meist für Magen- und Darmbeschwerden eingesetzt. Vor allem die Polei-Minze wird als Heilkraut eingesetzt, jedoch kaum als Gewürz, da diese als leicht giftig gilt. Pfefferminze wurde gegen Ende des 17. Jahrhundert als eigene Spezies in das Arzneibuch Pharmacopeia aufgenommen. Die grüne Minze wird vor allem in industriellen Produkten, wie Bonbons, Kaugummis und Tees verwendet.
Tina hält ihr Notizbuch fest und richtet ihren Blick auf das Geschriebene. Sie atmet tief ein und fährt fort: «Wir sind hier versammelt, um Licht ins Dunkle zu bringen!»
«Ich nix verstehen!» Es drängt sich erneut der vorwurfsvoll blickende ältere Herr in den Vordergrund. Es scheint so, als sei er der Sprecher der versammelten Menschen, deren Blicke wie gebannt an seinen Lippen kleben. Bei einem weiteren Blick in die Runde stellt Tina fest, dass die junge, zerbrechlich wirkende Frau tränenüberfüllte Augen hat. Sie ist sich nicht sicher, ob die Tränen durch die Angst hervorgerufen wurden oder ob sie unter starken Schmerzen leidet.
«Ich nicht mehr schweigen!» Plötzlich tritt der junge Mann hervor und steht nun breitbeinig und entschlossen mitten im Raum. Seine Körpersprache demonstriert deutlich das Gesagte. Der ältere Anführer zuckt zusammen und blickt ihn durch zusammengekniffene Augen an. Seine Hände sind zu Fäusten geballt. Tina ahnt Böses. In diesem Moment schnellt der ältere Mann vor und wirbelt den jungen Syrier durch die Luft. Tina weiss gar nicht, wie ihr geschieht und schaut versteinert zu. Die Frau des jungen Mannes stösst einen lauten Schrei aus und wirft die Hände vors Gesicht, bevor sie ohnmächtig zu Boden sinkt. Amit und Tina stehen inmitten eines unkontrollierten Chaos. Trotz wildem Gekreische und klirrendem Glas nimmt die Gewürz-Sommelière eine bekannte Stimme aus der Ferne wahr.
Wollen Sie wissen, wie’s weitergeht und dabei noch etwas über Kräuter und Gewürze lernen? Lesen Sie jeden zweiten Dienstag anders kombiniert – cooler Genuss!
Würziger Gruss, Sandra Jauslin
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